Und jetzt?

  • In meiner kleinen Werkstatt arbeiten: Dort verkaufe ich noch Bio-Stoffe und restliche Kleidungsstücke aus dem Laden zu günstigen Preisen. Hauptsächlich allerdings nähe ich kleine Serien für meine „Großkunden“ – ökobewegte Menschen, die ihre eigene Modekollektion aus Bio-Stoffen fair herstellen lassen möchten. Ich versuche dabei, industriell zu arbeiten mit professionellen und optimalen Näh-Methoden, die eine rationelle und kostengünstige Produktion ermöglichen. Dabei kommt mir meine Berufserfahrung vor der Elternzeit und dem Laden entgegen: Mein Studium der Bekleidungstechnik (Dipl.-Ing.), meine Ausbildung bei Fa. Schiesser und meine Arbeit als Produktionsplanerin bei Mustang Jeans zum Beispiel. Dabei ist mein Leitsatz: Wir sollten Dinge konsumieren, die so hergestellt sind, wie wir selbst gerne leben: Gerecht bezahlt in einer gesunden Umwelt. Deshalb mache ich es selbst einfach hier! Für Sachen, die ich kaufen muss, gilt für mich deshalb auch: Wenn es geht aus europäischer Produktion, denn hier sind Arbeitsrecht und Umweltschutz klar geregelt und man braucht sich um diese Dinge keine Sorgen zu machen. Und wenn es nicht geht, sollte es fair gehandelt sein!
  • Mich um meinen Nebenjob als Dozentin kümmern: Ich konnte meine Stundenzahl in der Bernd-Blindow-Schule etwas erhöhen und mein Seminar an der PH Weingarten zum Thema Textil-Ökologie wieder aufnehmen.  Zusätzlich nehme ich für zwei Jahre an einer Pädagogischen Nachqualifizierung für Direkteinsteiger teil, was anstrengend aber sehr bereichernd ist. Ich musste in diesem Zusammenhang ein paar Stunden fachlicher Fortbildung in Form eines Praktikums absolvieren, was ich bei der Firma Elmer & Zweifel in Bempflingen tun durfte. Diese Firma stellt unter der Marke Cotonea hauptsächlich IVN- und GOTS-zertifizierte Heimtextilien her. Das hat mein Fachwissen in Bezug auf Textilherstellung sehr erweitert, vor allem was die Zusammenhänge beim biologischen Anbau von Baumwolle betrifft. Auch in die Vorgänge bei der Zertifizierung der Bio-Baumwoll-Textilien konnte ich Einblick gewinnen. Ich hatte zusätzlich die Möglichkeit, die Firma Weidmann kennenzulernen, den Ausrüstungsbetrieb in Süssen, bei dem Elmer &  Zweifel die Textilien ökologisch veredeln lässt.  Das hat für mich viele neue Erkenntnisse gebracht, mich aber auch in meiner oben geäußerten Überzeugung bestärkt: Wir müssen unsere Verbrauchsgüter bei uns herstellen um die Kontrolle über Umweltschutz und Arbeitsrecht zu behalten. Und wir müssen die Kosten dafür tragen!!! Denn wer ehrlich ist, muss zugeben, dass die Verlagerung von Produktion immer nur erfolgt ist, um das Lohngefälle und die schwächeren Umweltschutzvorgaben zu unseren Gunsten auszunutzen. Leider war auch Elmer & Zweifel in der Vergangenheit dazu gezwungen, die Produktion ins Lohnkosten-günstigere Ausland zu verlagern: Es hätte zu wenige Kunden gegeben, die bereit gewesen wären, die Preise für eine Produktion in Bempflingen zu tragen. Man hat dann die Weberei und Näherei nach Tschechien verlagert und ich hatte sogar die Gelegenheit mir auch diesen Betrieb anzuschauen. Das war ebenfalls sehr interessant für mich, da mir eine Weberei noch nie so intensiv gezeigt wurde. Ich habe sogar den Weberknoten gelernt! Da man bei Elmer & Zweifel großen Wert auf faire Zusammenarbeit und höchste Qualität legt, sind die Preise für die Produkte immer noch sehr hoch. Aber es rechnet sich letztendlich trotzdem, denn die Bettwäsche hält einfach jahrzehntelang! Und das ist doch Nachhaltigkeit in Reinkultur, oder?
  • Mich um meine Familie kümmern: Gut, meine drei Kinder sind jetzt bald „aus dem Haus“ (20, 17 und 16 Jahre alt) – ich muss wohl damit leben, dass ich mich bestimmt streckenweise sehr wenig um sie gekümmert habe. Wenn man halt so viel anderes im Kopf hat! Dafür kümmere ich mich jetzt mehr um meine Eltern: meine Mutter als langjähriger Pflegefall wurde bisher von meinem Vater versorgt. Aufgrund seines Alters kann er das immer schlechter und gleichzeitig erhöht sich der Pflegebedarf bei meiner Mutter – eine Kombination, die keine Zukunft hat… Ich bin also hier deutlich mehr involviert als früher, was auch der Grund dafür war, die Werkstatt im Haus meiner Eltern einzurichten. Leider müssen wir jetzt allerdings einsehen, dass eine Pflege meiner Mutter zuhause nicht mehr länger möglich ist und wir kümmern uns gerade um ein Pflegeheim. Vielleicht kann mein Vater dann auch noch ein paar Jahre richtig genießen…
  • Mein Engagement für Ökologie und Fairtrade ausbauen: Ich versuche bei verschiedenen Organisationen im Bereich Textilökologie und faire Modeproduktion mitzuarbeiten, denn es reicht mir nicht, es einfach nur selbst zu machen in meiner Werkstatt – ich möchte auch mehr Menschen auf diese Problematik aufmerksam machen. Denn ich liebe meinen Beruf und möchte, dass die Herstellung von Kleidung nicht länger auf eine Weise erfolgt, die so viel Schaden anrichtet – bei den Menschen, die dort arbeiten und an der Umwelt in der sie stattfindet. Letztendlich ist es EINE Welt, in der wir leben!

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